1993 beginnt eines der gewagtesten Abenteuer im professionellen Tourenwagensport.
Alfa Romeo, seit 1986 zu FIAT gehörend, liegt mit minimalen Verkaufszahlen danieder, in den Kassen des Konzerns herrscht Ebbe.
Da traut sich ein alter Haudegen des Motorsports, Giorgio Pianta, der schon mit Walter Röhrl Rally-Weltmeisterschaften geholt hat, dem Vorstand eine aberwitziges Projekt vorzuschlagen: wir bringen den Alfa 155 in die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft und fahren mit Piloten vom Schlage Alessandro Nannini, Christian Danner, Giancarlo Fisichella, Michael Bartels, Nicola Larini, Stefano Modena gegen Mercedes, BMW und Opel.
Ungläubiges Stirnrunzeln bei Vorstand Paolo Cantarella. „Giorgio, wenn, dann fahren wir da um zu gewinnen, ansonsten laßt es bleiben und kommt nach Hause.“
Pianta bekommt ein Millionenbudget genehmigt, das natürlich nicht reicht, aber es passiert das unvorstellbare: Nicola Larini gewinnt gleich im ersten Jahr den Titel
„Deutscher Tourenwagenmeister 1993“!
Norbert Haug, Chef von Mercedes-Motorsport, reibt sich eine Träne aus den Augen bei der Siegesfeier in Schloß Schwetzingen nahe des Hockenheimrings.
23 Jahre später, 2016, reist eine Drei-Mann-Abordnung vom Irschenberg ins Herz der Toskana. Was sie zu sehen bekommen, als ein rostiges Werkstatttor zur Seite
geschoben wird, raubt ihnen beinahe den in solchen Situationen notwendigen kaufmännischen und technischen Verstand: vor ihnen steht der perfekt erhaltene Alfa Romeo 155 Ti V6 ITC aus 1996, dem
letzten Jahr der klassischen Deutschen Tourenwagenmeisterschaft, die inzwischen Internationale (daher ITC) heißt, seinerzeit pilotiert von Giancarlo Fisichella, einer von vier jemals gebauten
Werkswagen!
Eine Runde „Espressi corretti con Grappa“ und einen Handschlag später ist der Deal perfekt.
Der noch immer im „Suzuka-1996-Trimm“ dastehende Bolide wechselt den Rennstall. Das Abenteuer beginnt von Neuem.
Die Techniker der Scuderia GT vertiefen sich in die extrem aufwendige Technik, damals am Übergang vom mechanisch-analogen zum digital-elektronischen Zeitalter.
Viele Komponenten stammen aus der zeitgenössischen Formel-1, finden sich bei Minardi, Ferrari oder McLaren der gleichen Epoche.
Hydraulikkomponenten, die Allrad-Kraftverteilung, sequentielles Getriebe, Bremsanlage und Aerodynamik-Flügel steuern, müssen nachgebaut und ausgetauscht
werden.
Das sensationelle 90°-V6-Triebwerk verlangt alle 800 Renn-Kilometer nach einer Generalüberholung.
Christian Danner steigt nach 20 Jahren wieder in seinen Dienstwagen von Einst und gewinnt am Salzburgring und am Nürburgring. Es geht aufwärts, das Team Scuderia GT absolviert eine extrem steile Lernkurve.
Noch am Hockenheimring 2017 werden ex-Mechaniker von Alfa Corse eingeflogen, um zu helfen.
Dann 2019 der endgültige Durchbruch, die Erfolgsgeschichte wiederholt sich, Stefan Rupp auf seinem von Scuderia GT betreuten Alfa 155 wird „Deutscher Meister
Tourenwagen Legenden 2019“.
Mercedes, der dreifache Deutsche Tourenwagenmeister Klaus Ludwig sowie Piloten vom Kaliber Jörg van Ommen, Kurt Thiem oder Armin Hahne sind geschlagen!
Siegesfeier am 30. November im Rahmen der „Techno Classica“, Messegelände Essen, auf dem Stand der „Tourenwagen Legenden“.